Flug vorverlegt? EuGH stärkt Ihre Rechte als Passagier!
Werden Flüge einfach vorverlegt, kann dies ebenso ärgerlich sein, wie das bei Verspätungen der Fall ist. Nicht umsonst hat der EuGH die Ausgleichsansprüche der Passagiere für diese Fälle klar geregelt – und sich damit eindeutig auf die Seite der betroffenen Passagiere gestellt.
Klarstellung durch den EuGH: Deutliche Vorverlegung gilt als Annullierung
Diese Einschätzung eröffnet vielen Flugpassagieren die Möglichkeit, eine Entschädigung zu beanspruchen: Laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) gilt ein Flug als annulliert, sobald er um mehr als 60 Minuten vorverlegt wird. Die für den Fall, dass Sie als Reisender nicht rechtzeitig über die Flugzeitverschiebung in Kenntnis gesetzt werden, vorgesehene Ausgleichspauschale bewegt sich in einer Spanne von 250 bis 600 Euro – je nach Reisestrecke. Damit sorgt der EuGH für Klarheit, nachdem neben dem Landgericht Düsseldorf auch das Landesgericht Korneuburg (Österreich) wegen vorliegender Klagen von Seiten betroffener Passagiere um Auslegung des geltenden EU-Rechts ersucht hatten.
Die Begründung: Eine derart deutliche Vorverlegung eines Flugs schränkt die Fluggäste in ihrer freien Zeitverfügung ein und könnte große Anstrengungen notwendig machen, den Flug überhaupt noch rechtzeitig zu erreichen. Deswegen müssen die Airlines in diesen Fällen den kompletten Betrag der Entschädigung erstatten, wobei diese grundsätzlich nach Flugdistanz gestaffelt ist. Die Ausführungen finden sich im EuGH-Urteil vom 21.12.2021, die sich auf folgende Rechtssachen beziehen: C146/20, C188/20, C196/20 sowie C263/20 und C270/20.
Der EuGH ging sogar noch weiter: Demnach hat ein Flugpassagier selbst dann einen Entschädigungsanspruch, wenn er ein Tourismusunternehmen mit der Buchung des Fluges beauftragt hatte – dieses aber die Buchung nicht bei der Airline veranlasst. Sobald nämlich ein Beleg zum Flug ausgestellt wäre, sei dieser als Buchungsbestätigung zu bewerten. Zur Begründung führt der EuGH an, dass von einem Flugpassagier nicht zu verlangen wäre, dass er sich über die Beziehungen zwischen Tourismusunternehmen und Airline informiere. Das Luftfahrtunternehmen könne jedoch in diesem Fall beim Reiseveranstalter schadlos halten.
Wichtige Abgrenzung: Wann der Entschädigungsanspruch entfällt
Der EuGH bezieht sich auf die EU-Fluggastrechte-Verordnung, die auch regelt, wann die Airlines bei einer Flugzeitverschiebung bzw. Annullierung von einer Pflicht zur Entschädigungszahlung frei sind: Dazu müssen die Flugpassagiere rechtzeitig informiert werden – und das heißt, dass Sie als Reisender wenigstens zwei Wochen für den ursprünglichen Abflugtermin von der Änderung Kenntnis haben müssen. Sollte es alternative Flugverbindungen zu einer ähnlichen Zeit geben, verkürzen sich die Informationsfristen.
Damit positioniert sich der EuGH ganz klar auf Seiten der Fluggäste – und dies ist nicht selbstverständlich: In einem anderen Urteil wurde bestätigt, dass Passagiere keinen Anspruch auf Entschädigung haben, sollte sich der Flug verspäten, weil einer der Passagiere randaliert. Ausnahmen: Sollte die Airline dieses Verhalten provoziert oder dazu beigetragen oder die Situation bereits vor dem Boarding eskaliert sein, dann eröffnet sich durchaus ein Entschädigungsanspruch.
Grundlegende Vorgehensweise: Airline muss Passagiere über Anspruch informieren
Die Aussage ist ganz klar: Annulliert die Airline den Flug, muss sie auch die Fluggäste darüber in Kenntnis setzen, wer für die Entschädigungszahlung zuständig ist – und welche Dokumente dafür vorzulegen sind. Allerdings ist sie nicht verpflichtet, die Höhe des Entschädigungsbetrages zu beziffern.
Zur Einordnung des Urteils: Vorverlegungen von Flügen kommen vergleichsweise selten vor, in der Regel dann, wenn wegen Streiks oder drohenden Wetterumschwüngen mögliche Verspätungen verhindert werden sollen. Trotzdem sorgte das EuGH-Urteil für Erleichterung, denn die Tatsache, dass Fluggäste ihr Recht regelmäßig einklagen müssen, war nicht zufriedenstellend. Nun steht der direkte Weg offen, um eine angemessene Entschädigung von der Airline zu verlangen.
Damit reiht sich die Entscheidung in den Reigen weiterer verbraucherfreundlicher Urteile ein. So wurde bereits im März letzten Jahres beschieden, dass Fluggäste auch dann einen Anspruch auf Ausgleichszahlung haben, sollte ein Flug gestrichen oder deutlich später gestartet werden, weil die Mitarbeiter der Airline streiken. Im April 2021 wiederum erging ein Urteil, das der Airline die Mehrkosten der Passagiere für den Fall auferlegt, dass eine kurze Umleitung des Fluges eine Fahrt zum eigentlichen Ziel notwendig macht. Nun liegt es bei Ihnen als Verbraucher, Ihre Rechte auch konsequent wahrzunehmen – und den Airlines Grenzen aufzuzeigen.